Predigt über Lukas 10, 38-42 Maria und Marta
am 07.03.2019, Estomihi
in der Schinkelkirche zu Bischmisheim
Kirchenkreis Saar-West
Gnade sei mit Euch und Friede von Gott
durch Jesus Christus. Amen.
Liebe Gemeinde!
„Es ist doch gut gemeint.“
Wenn dieser Satz gesagt wird, dann ist klar, dass etwas nicht gut ist.
Was nicht gut ist, gibt Anlass zu Klagen und teils auch zu Vorwürfen. Diese sollen gestoppt, oder wenigstens gedämpft werden durch die Aussage: „Es ist doch gut gemeint.“
Häufig stimmt das auch: Was gründlich schief gegangen ist, war wirklich gut gemeint. - Und doch kann so etwas ins Gegenteil umschlagen und böse Folgen nach sich ziehen.
Jesus mag das Unklare und Verwaschene nicht. Als er angeredet worden ist als „Guter Meister“, hat er geantwortet: „Gut ist Gott allein.“
Im Lesungstext (Markus 8, 31-38) hat es Petrus sicher gut gemeint, als er Jesus nach dessen Leidensankündigung unter vier Augen bereden wollte. Doch Jesus hat gemerkt, dass Petrus sich mit seinen gut gemeinten Worten respektlos über ihn stellte. - Über ihn und über Gott stellte sich Petrus. Deshalb nannte Jesus ihn: „Du Satan!“ Übersetzt bedeutet das hebräische Wort Satan übrigens Gegner.
Gut gemeint hat es ganz sicher auch Martha. Hören wir den für heute vorgeschlagenen Predigttext:
Lukas 10, 38-42
38 Als sie aber weiterzogen, kam er in ein Dorf.
Da war eine Frau mit Namen Marta, die nahm ihn auf.
39 Und sie hatte eine Schwester, die hieß Maria;
die setzte sich dem Herrn zu Füßen und hörte seiner Rede zu.
40 Marta aber machte sich viel zu schaffen, ihnen zu dienen. Und sie trat hinzu und sprach: Herr, fragst du nicht danach, dass mich meine Schwester lässt allein dienen? Sage ihr doch, dass sie mir helfen soll!
41 Der Herr aber antwortete und sprach zu ihr:
Marta, Marta, du hast viel Sorge und Mühe.
42 Eins aber ist not.
Maria hat das gute Teil erwählt;
das soll nicht von ihr genommen werden.
Ich habe schon oft erlebt, wie dieser Bibeltext sehr schnell die Gemüter erhitzt hat. Besonders beliebt ist es, Martha zu verteidigen und Jesus anzugreifen. Dann entstehen zwei Parteien, die ausgiebig herumstreiten können.
Ich möchte mich dem Predigttext anders nähern.
Petrus hatte unter den Jüngern und unter den ersten Christen eine herausragende Stellung und wird im Lesungstext doch von Jesus scharf zurecht gewiesen.
Ähnlich wird Martha, die Gastgeberin Jesu, eine starke Position gehabt haben. Wie bei Petrus bedurfte es wohl der Autorität Jesu selbst, um ihr zu widersprechen und gut Gemeintes, das sich verhängnisvoll auswirken kann, zu korrigieren. Gutes Salz kann die Suppe versalzen und ungenießbar machen.
Im ehemaligen Predigerseminar in Bad Kreuznach gab es zum Kaffee einmal einen sehr schönen Kuchen. Doch hatte der Bäcker Zucker und Salz verwechselt. An diesem Tag wurde die Schweigepflicht sehr ernst genommen, bis jeder und jede von uns Vikarinnen und Vikaren gekostet hatte.... - Auch ein heilsames Medikament wird falsch dosiert zum Gift.
Unter seinen Empfehlungen für eine christliche Lebensführung schreibt der Apostel Paulus im Römerbrief: „Übt Gastfreundschaft.“ (Römer 12,13) Das ist etwas wunderbares. Doch kann übertriebenes Herumwirbeln und Nötigen zu Speise und Trank jede Gemeinschaft und jede Begegnung mit dem Gast zerstören, weil kein Gespräch mehr möglich ist. Eine gute Begegnung, für die Gastlichkeit die Grundlage ist, wird unmöglich gemacht. Gut gemeint ist eben nicht gut.
In der Art, wie Martha Jesus anspricht, wird aus ihrem Dienen ein Herrschen. Sowohl gegenüber ihrer Schwester Maria, als auch gegenüber Jesus.
Jemandem, der hilfsbereit ist, wird schnell ein Helfersyndrom unterstellt und, dass er oder sie sich ausnutzen lässt. Dabei wird übersehen, dass wir in einer Dienstleistungsgesellschaft leben.
Dienste werden gut bezahlt und führen gleichzeitig leicht zu Abhängigkeiten. Zudem sammeln die Dienstleister Daten und Informationen, die ihnen eine Machtposition erwirken: Herrschen durch Helfen.
So ist es aber bei Martha nicht. Sonst hätte Jesus anders reagiert. Martha macht sich wirklich viele Sorgen und fühlt sich nicht nur verantwortlich, sondern auch überfordert.
Für Gastgeber kann es sehr entlastend sein, wenn der Gast signalisiert: Ich brauche kein 5-Sterne-Hotel, sondern bin mit Jugendherbergsniveau ganz zufrieden.
Jesus tut mit seiner Antwort aber noch etwas anderes. Er weist Martha darauf hin, dass es neben dem vielen Sorgen und Mühen, das im Kopf kreist, an dem man sich verzetteln und den Körper zermürben kann, noch etwas anderes gibt. Es ist das, wovon Jesus redet in immer neuen Geschichten und Gleichnissen.
Von Gott redet Jesus und vom Kommen und Anbrechen der Königsherrschaft der Himmel. Diese Wirklichkeit, in der andere Regeln gelten. Maria hört zu, ist fasziniert und – sie darf es.
Und Martha? Das Lukasevangelium weiß über sie nicht mehr zu sagen.
Im Johannesevangelium ist es Martha, die als erste ein großartiges Bekenntnis zu Jesus ausspricht: „Ich glaube, dass du der Christus bist, der Sohn Gottes, der in die Welt kommt.“
Der Kirchenvater Hippolyt kennt Martha als eine der Frauen, die bei Jesus bleiben, als er gekreuzigt wird, und als eine der Frauen, die seine Auferstehung bezeugen.
Da ist die sorgende Martha eine Apostelin neben Petrus und Paulus.
Und der Friede Gottes, der höher ist als all unsere Vernunft,
bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.
Bert Missal am 07.03.2019, Estomihi